Halluzination und Inspiration

Halluzination
Gab Gott die Heilige Schrift ihren Schreibern Wort für Wort ein? Waren sie derart inspiriert? Oder waren es Halluzinationen?

ZWEIERLEI HALLUZINATIONEN

Halluzinationen sind Sinnestäuschungen. Das, was Halluzinierende wahrnehmen und deshalb für wahr halten, sind Vorspiegelungen falscher Tatsachen. Ihr Wahrnehmungsvermögen ist in einem Maße gestört, dass von einer krankhaften Veränderung des Gehirns ausgegangen werden muss. Auch gesunde Sinne können getäuscht werden, etwa durch Gegenstände, die verblüffend unterschiedliche Ansichten bieten. Der Wahrnehmende sieht aber solche Mehrdeutigkeiten bald ein und bleibt nicht auf eine einseitige 'Optik' fixiert. Er ist geistig wach genug, um von mehreren Seiten eine Sache betrachten und auf diese Weise sachlicher urteilen zu können, statt an dem einen oder anderen Vorurteil kleben zu bleiben. Vorurteile sind selbstverschuldete Halluzinationen.

KONSPIRATION UND INSPIRATION

Zu umso sachlicheren Urteilen hingegen kommt es, je eingehender wir mit dem, was unsere Aufmerksamkeit erregt, sozusagen "konspirieren" (nach Hans-Eduard Hengstenberg). Beim Wort genommen, bedeutet Konspirieren, sich geistig zusammenzutun. Der Geist des Wahrnehmenden will also mit dem Geist des Wahrgenommenen verbunden sein, damit die Wahrnehmung eine 'Offenbarung' werden kann. Nur das, womit wir konspirieren, kann uns inspirieren. Die Bibel ist ein ausgezeichnetes Beispiel für eine so verstandene Inspiration. Sie enthält Erzählungen, Dichtungen und Belehrungen nach der Art, wie Menschen vergangener orientalischer Kulturen gesprochen haben. Zugleich ist sie eine Sammlung derart "heiliger" Schriften, dass bei ihr uneingeschränkt von "Gottes Wort" die Rede sein kann. Ohne Zweifel haben göttlicher und menschlicher Geist in ihr konspiriert.

VON GOTT INSPIRIERT

Wo immer Gott sich den Menschen mitteilt, trifft er sie unter bestimmten Umständen an, und wo immer Menschen Gott anrufen, bleibt er ihnen ein Geheimnis. Stets handelt es sich um ein Zwiegespräch von zweierlei Geist, dem heiligen (sakralen) und dem weltlichen (profanen). Kein Monolog kann inspirierender sein als ein solcher Dialog. Denn Menschen sind dazu geschaffen, im Geist zu wachsen. Und jener menschliche Sohn Gottes, der die Aufmerksamkeit eines Christen voll in Anspruch nimmt, bildete da keine Ausnahme: "Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen" (Lk 2,52).

BILDQUELLE: Uta Herbert / pixelio.de