Sonne und Sonntag

Sonnenaufgang (Saudi Arabien)
Die Sonne ist ein Stern, der zur Erde einen geringeren Abstand hat als alle anderen Sterne. Deshalb erscheint sie dem bloßen Auge tellergroß, während weiter entfernte Sterne ihm höchstens so groß wie Kreidepunkte auf der Schultafel vorkommen. Noch mehr beeindruckt uns die unterschiedliche Leuchtkraft: wenn die Sonne scheint, ist es auf der Erde taghell; dagegen spenden zwischen Abend und Morgen alle übrigen Sterne zusammen so wenig Licht, als wäre in einem Nachtlokal der Strom ausgefallen und höchstens noch eine Kerze an. Dank ihrer Erdnähe ist die Sonne außerdem eine Wärmequelle für uns, wobei es wie schon beim Sonnenlicht darauf ankommt, in welchem Erdteil wir uns befinden: ob er der Sonne gerade zu- oder abgewandt ist. Worauf ich hinauswill: die Sonne ist für die Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse so wichtig, dass Menschen sie verehrt haben, als wäre sie ein göttliches Wesen. Für die alten Ägypter zum Beispiel war der Sonnengott Re die Sonne selbst als die höchste Gottheit. Die Griechen huldigten Helios, dem Gott, wonach die Chemiker den Sonnenstoff Helium (He) benannt haben. Bei den Römern gab es – vor allem in der Kaiserzeit – einen Sonnenkult, den der zum Christentum bekehrte Konstantin der Große umzuwidmen begann. So wurde auf den höchsten Festtag dieses Kults, den 25. Dezember, das Weihnachtsfest gelegt, und der allwöchentliche "Tag der Sonne" (lateinisch: "dies solis") behielt zwar unter der neuen Staatsreligion seinen Namen und Ruhetagscharakter, wurde aber fortan als "Tag des Herrn (dies dominica)" aufgefasst und geheiligt. Im Sinne des biblischen Siebentagewerks der Schöpfung ist es ohnehin der Tag nach dem Sabbat gewesen, also der erste oder auch achte Tag der Woche, an dem Jesus Christus von den Toten auferstand, der bedeutendste kirchliche Fest- und Gedenktag überhaupt. Abgesehen von jedem kultischen Terminkalender könnte für uns indessen die unablässige Sonnenaktivität ein einleuchtender Wink sein, täglich, ja stündlich innezuhalten um des "neuen Lebens" willen, das von Jesus angeregt und mit ihm angebrochen ist (Röm 6,4).

Bildquelle: Katharina Wieland Müller / pixelio.de

Keine Kommentare: