Beweis und Gottesbeweis

Guckloch Richtung Konstanz
Ein Studentenlied aus dem 19. Jahrhundert beginnt mit dem Vers: "Konstanz liegt am Bodensee. / Wer's nicht glaubt, geh' hin und seh'." Der Vers setzt voraus, dass man seinen Augen trauen kann oder sogar muss. Denn jeder Glaubenszweifel, so wird unterstellt, sei dann ja ausgeräumt. Sobald wir sehen, wissen wir. Vorher können wir bloß gläubig oder ungläubig sein, jedenfalls unwissend. Kann man im Zweifel auch nachschauen gehen, ob es Gott gibt? Womöglich erweist er manchem die Gnade, vor sein Angesicht zu treten, und die Beweis-Kraft des Sehens käme auch hier zum Zuge. Einige Philosophen haben einen theoretischen Beweisgang beschritten. Das Wort "Theorie" (griechisch "theoría" = Anschauen, Zuschauen) zeigt an, dass es sich auch beim Philosophieren um eine Art Sehen handelt, und zwar etwa bei Gottesbeweisen um das Einsehen einer Notwendigkeit. Nach diesem Verfahren wird aus der Existenz der sichtbaren Welt mit Notwendigkeit auf einen unsichtbaren göttlichen Weltgrund geschlossen (kosmologischer Gottesbeweis). Ebenso notwendig erscheint der Schluss von der bloßen Idee eines vollkommenen, also göttlichen Wesens auf dessen Existenz, die ja im Falle der Vollkommenheit nicht fehlen kann (ontologischer Gottesbeweis). Jesus setzt dem entgegen, dass weder das gewöhnliche Sehen noch das vernünftige Einsehen jene Gottesnähe gewährleistet, die im tiefen Vertrauen gegeben ist: "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!" (Joh 20,29).

Bildquelle: Beate / pixelio.de

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