Zeichen und Wunder

Gewitterstimmung
Ein Zeichen ist etwas, das für etwas anderes steht. Eine Wolke zum Beispiel kann als Zeichen für ein nahendes Gewitter verstanden werden, eine bestimmte Menge Bargeld als Zeichen für den Gegenwert einer Kinokarte und diese wiederum als Zeichen für das Recht auf einen Kinobesuch. Dass es Wolken gibt, die ein Gewitter ankündigen, lernt man durch Naturbeobachtung. Dass es Papierstücke gibt, mit denen man etwas bezahlen oder sich den Eintritt in ein Kino verschaffen kann, liegt an von Menschen getroffenen Vereinbarungen. Solche konventionellen Zeichen lassen sich also von natürlichen Zeichen unterscheiden. In jedem Fall sind Zeichen da, während das, was sie bezeichnen, nicht da sein muss. Das von der Gewitterwolke angekündigte Unwetter ist erst im Anmarsch, der durch Geld angezeigte Wert muss sich bei der nächsten Zahlung erst noch erweisen, und die Kinokarte bleibt vielleicht ungenutzt und verfällt dann. Anders gesagt: Es kommt nicht darauf an, ob es Zeichen gibt, sondern ob es das gibt, was sie anzeigen. "Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht", sagt Jesus einmal recht verärgert (Joh 4,48). Wunder sind in diesem Ausspruch übernatürliche Zeichen, sinnliche Anzeigen göttlicher Allmacht. Diese müsste allerdings ständig in das doch bereits gottgewollte Naturgeschehen eingreifen, um den oberflächlichen Glauben der in jeder Hinsicht allzu schaulustigen Leute bei Laune zu halten. Da ist gewiss das Gottvertrauen tiefer, das der "Zermalmer" der Gottesbeweise, Immanuel Kant, an den Tag legte, als er im Beschluss seiner "Kritik der praktischen Vernunft" zu der Einsicht gelangte: "Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir."

Bildquelle: Jürgen Burberg / pixelio.de

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